Sarah Depold
10. Juli 2017
(Aktualisiert: 6. Oktober 2020)

Hobbys für Kinder - Darf es ein wenig mehr sein?

Als mein erster Sohn drei Jahre alt wurde, meldeten wir ihn zum Kindersport an. Bei diesem Sport gibt es kein festes Programm, sondern die Kinder entscheiden, ob sie hüpfen, Ball spielen oder auf den Geräten klettern wollen. Die Eltern geben Hilfestellung und können mit anderen ins Gespräch kommen. Kurse können verbinden! Doch was ist, wenn ein Kind keine Zeit mehr für freies Spiel hat?

Zwei Hobbys pro Woche für unsere Kinder

Schwimmen lernen wäre auch nicht schlecht, dachten wir und meldeten den Sohn zusätzlich für einen Schwimmkurs an. Das Ziel war das Seepferdchen. Er soll sollte ohne Schwimmhilfe schwimmen Lernen. Gleichzeitig fingen andere Kinder um ihn herum an, Keyboardunterricht zu nehmen. Das wäre auch schön, dachte ich. Doch wir entschieden uns dagegen. Zwei Tage Action in der Woche reichen. Und beim Unterricht hört es oft nicht auf: auch zu Hause müsste weiter geübt werden.

Das wollten wir nicht.

Als der Schwimmkurs abgeschlossen und das Seepferdchen auf der Badehose angenäht waren, ging er weiterhin zum Kindersport und wechselte später in den Kurs, der für Vorschulkinder ohne Eltern stattfindet. Sein kleiner Bruder besuchte den Kindersport. Mein großer Sohn entschied sich danach für Judo und ließ den Kindersport fallen, was zugegeben organisatorisch für uns auch besser ist.

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Hobbys für Kinder - Wie viele dürfen es sein?

Die Kinder entscheiden über ihre Hobbys

Er legte selbst fest, dass er nur einmal die Woche zum Judo geht, ließ den Kurs jedoch bereits zweimal ausfallen, was mir nicht gefiel. Doch warum eigentlich? Sollte er nicht selbst bestimmen dürfen, wann er Lust hat, hinzugehen? Überlege ich selbst nicht auch, keinen Sport zu machen, wenn ich zu müde oder schlapp bin? Richtig. Meine Kinder sollen das auch entscheiden dürfen. Mir ist aber wichtig, dass sie zumindest einem (sportlichen) Hobby nachgehen.

Müsste ich jede verlorene Stunde separat bezahlen - sowas soll es ja geben und das kann sogar sehr teuer sein - würde ich sie drängen, dorthin zu gehen. Doch dass Drängen nichts bringt, erfuhr ich nach der zweiten geschmissenen Judo-Stunde. Mein Kind forderte Freiraum. Auch das muss ich lernen und finde es im Nachhinein gut, dass er es äußert.

Update zum Judo-Kurs

Kurz nachdem ich den Text schrieb erzählte mir mein Sohn, dass der Trainer meinte, er soll nicht mehr kommen. Ich vermute, er meinte, wenn es ihm keinen Spaß macht, soll er nicht mehr kommen. Mein Sohn erzählte mir, dass er nur das zu ihr sagte. Er hatte ein zweites Mal Kopfweh (ein Zeichen?!) und musste während des Judo-Trainings pausieren. Heraus kam, dass er den Trainer zu streng findet, was ich gut nachvollziehen kann. Ich verfolgte vor ein paar Wochen einen ganzen Kurs und empfand es ebenfalls so. Mit kleinen Kindern kann er nicht so oder es ist gewollt. Sein rauer Ton passt meiner Meinung nach jedenfalls eher zu Teenagern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle Kampfsportarten zwangsweise mit harschen Worten trainiert werden. Aus dieser Sicht kann ich es sehr gut nachvollziehen. Er muss nicht mehr hingehen. Im Nachhinein hätte ich die Zeichen eher deuten können.

Viele Hobbys, wenig Freizeit für Kinder

Da der 7-Jährige nun sehr viel Freizeit hat und mit den Hausaufgaben schnell fertig ist, fragt er oft Klassenkameraden oder andere Freunde, wann sie Lust auf ein Treffen haben. Das ist meist gar nicht so einfach. Kampfsport, Musikinstrumente, Computerkurs, Schach, Schwimmen - manche haben bis auf Sonntag jeden Tag der Woche einen Kurs. Vielleicht sind sie damit glücklich, ich wäre es nicht. Für mich bedeutet es Stress, jeden Tag etwas im Terminplan zu haben. Vermutlich schlägt mein Sohn mir nach.

Wenn man dann erst zum Abendessen nach Hause kommt, wie will man sich noch frei entfalten? Mit den Geburtstagsgeschenken spielen? Sich ins Bett verkrümeln und lesen? Experimente machen und die Eltern verschrecken? Malen und basteln? Wann sieht man die Freunde mit denen man endlich in Ruhe Lego spielen kann?

Ich denke, dass man definitiv zu viele Hobbys haben kann und dass auch freies Spiel wichtig ist. Dadurch hat mein Sohn die besten Ideen. Er bastelt Kunstwerke, forscht, werkelt im Garten, spielt sogar ab und an mit seinem Bruder.

Und dann fragt er mich, warum keiner seiner Freunde Zeit hat.

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10 comments on “Hobbys für Kinder - Darf es ein wenig mehr sein?”

  1. Darüber habe ich auch schon oft geschrieben und halte es wie du. 2 Hobbys pro Kind reichen. Auch ich kenne Kinder, die jeden Tag "Programm" haben und auch wenn die Eltern sagen, ihr Kind wolle eben alles so braucht es dennoch auch Eltern, die das mitmachen bzw die es halt vlt doch wichtig findet, dass das Kind schon von früh auf alles mögliche lernt um später im Vorteil zu sein. Wenn da mal was ausfällt, weiss das Kind überhaupt noch, wie freies Spielen alleine geht??
    Dazu kommt ja noch dass gerade Eltern mit mehreren Kindern in einen regelrechten Organisationsstress kommen: Kind A muss am MO hierhin, am DO dorthin, Kind B hier und da, Kind C wieder woanders hin... will man als Eltern wirklich von Kursort zu Sportstätte, von Elterngespräch zu Schulfeier, von Club-Sommerfest zu Wettkampf hechten!? Und oft noch kleinere Kinder stets im Schlepptau, die vielleicht lieber zuhause spielen würden anstatt von A nach B zu gurken. Der Freizeitstress betrifft die ganze Familie...

    1. Jupp, Freizeitstress ist ein schönes Wort dafür. Ich möchte meine wenige Freizeit auch nicht damit verbringen, wie ich die Kinder umherfahre. Nach der Schule will auch ein wenig Zeit mit den Jungs verbringen und die Kurse der großen Kinder sind schon ohne Eltern. Schule, Kurs - wann bleibt Zeit für Familie und freies Spiel?
      Danke für deinen Kommentar!

  2. Ich habe mich ja immer lange gegen den Fußballverein gewehrt. Habe zu meinem Mann immer gesagt, dass ich jede Verrücktheit mit machen würde, aber kein Fußball. Und wo finde ich mich heute wieder? Urgs... aber es tut ihm so gut. Etwas machen, was ihm Spaß macht mit Kindern, die die gleiche Freude daran haben. Es findet zwei Mal die Woche statt und beinhaltet viele wichtige Themen. Koordination, Bewegung, Teamwork. Ich finde den Druck zwar manchmal auch zu groß, aber da haben wir uns auch einfach mal die Freiheit heraus genommen ihn aus den Turnieren und Spielen raus zu nehmen und ihm so eine Atempause zu verschaffen. Er hatte mal überlegt, ob er Karate probieren möchte, dann aber selber gesagt, dass ihm das sicher zu viel werden würde in der Woche. Und das sehe ich auch so. Erst recht, wenn die Schule dazu kommt.
    So lange es ihm Spaß macht, soll er das auch weiter machen können. Und gut ist.

    Eine Zeit lang hatten wir noch einmal die Woche zusätzlich Schwimmen. Das hat ihm zwar Spaß gemacht, aber man hat gemerkt, dass nach einer gewissen Zeit einfach die Luft raus war.
    Aktuell gehe ich zwei Mal die Woche mit dem Großen zum Fußball und einmal mit dem Kleinen zum Turnen. Damit sind nicht nur die Kinder, sondern auch ich ganz schön ausgelastet *lach*

    1. Huhu,
      das glaube ich. Mama-Taxi kommt ja erschwerend hinzu. 😀
      Finde ich super, dass ihr den Stress rausnehmt. An die Möglichkeit dachte ich noch gar nicht. 🙂
      Klingt gut, wie ihr das löst!

  3. *seufz* Ich weiß was du meinst.

    Bei uns in der Familie gibt es die einen;
    Tochter: Chor, Geige, reiten, Leseclub, Messdiener.
    Sohn: Chor, Fußball, reiten.

    Die Kinder möchten das! Sie haben sich das selber ausgesucht. Und dennoch; MIR wäre das echt zu viel des Guten.

    Mir fällt auch auf, dass sich die Kinder schnell langweilen, wenn mal keiner da ist, der sie bespaßt. Einfach so im Wald spazieren gehen und Stöcke/Steine sammeln, Vögel beobachten, etc KÖNNEN sie tatsächlich nicht. Sie langweilt das.
    Und irgendwie finde ich das traurig.

    Ich habe nichts gegen Hobbys/Kurse, überlege ja selber mit dem Großen zum Turnen zu gehen, aber ich würde es im Rahmen halten.

    Sonnige Grüße.

    1. Huhu Shyn,
      klar muss es den Kindern Spaß machen und es gibt sie sicher: die Kinder, die Action brauchen. Ich sehe das wie du.
      Doch können Kinder wirklich einschätzen, was zu viel ist? Ist das nicht Aufgabe der Eltern, sie vor "Überbeschäftigung" zu schützen? Sie sollten sich auch mal langweilen dürfen. Vermutlich werden sich viele Hobbys der Kinder noch ändern.
      Was bringt die investierte Zeit, wenn man hätte durch Pfützen springen, Freunde treffen etc. können?

  4. Ja. Nur fehlt mir die Lösung - es ist eben die beste Freundin meiner Tochter. Und obwohl die Eltern wirklich einige Sachen anders sehen als wir (Auch das habe ich schon beschrieben: https://meinglueck.wordpress.com/2017/06/06/warum-ich-mit-homophoben-afd-waehlern-im-magerwahn-befreundet-mit/) will und kann ich ihr nicht die Freundschaft verbieten.

    Aber ich bin sehr dankbar, dass meine Tochter das Voltigieren gefunden hat. Damit ist zumindest der Wunsch "Mitzuhalten" nicht mehr so ausgeprägt. Und da sie die Freundin täglich in der Kita sieht ist es auch nicht schlimm, wenn sie sich nachmittags nur selten sehen.

  5. Schön geschrieben. Ich war immer erstaunt wenn ich sah, was unsere Ni hte alles macht, Zumba und Keyboardunterricht und hier und da noch Sachen. Wär mir zu viel. Man baut bei Kindern ja schon richtig den Leistungsdruck auf, den wir Erwachsenen heutzutage haben.
    Nao geht seit Oktober letzten Jahres zum Kinderturnen. Es hatte fast 1 Jahr gedauert bis ich einen Kurs für ihn gefunden habe, im Prenzlauer Berg is nunmal das meiste schon weg wenn man nicht schnell ist... er liebt Sport machen, Klettern und Balancieren und ich bin froh, wenn er sich auspowert. Seit einigen Wochen ist auch ein guter Freund von ihm mit beim Sport, somit verbinden wir schonmal Freund treffen mit Sport 😀
    Alles andere soll er mit der Zeit selbst entdecken, ob er Musik machen will oder Kampfsport oder oder. Nur wenn die Wünsche später zu viel sein sollten, würde ich eingreifen. Es soll nicht in Streß ausarten mit den Hobbies.
    LG Anne

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